Rückblick ATOLL Festival 2024
Neuntes ATOLL Festival für zeitgenössischen Zirkus zu Ende gegangen
Zirkuskunst mit Botschaft zieht 7500 Menschen an
Nach zwei Wochen und rund vier Dutzend Veranstaltungen mIt mehr als 7.500 Besucherinnen und Besuchern ging am Sonntag Abend das ATOLL Festival für zeitgenössischen Zirkus in Karlsruhe zu Ende.
Zu erleben waren 20 unterschiedlichen Produktionen aus ganz Europa und Australien. Sie zeigten im Kulturzentrum Tollhaus eine überwältigende stilistische Bandbreite der sich in Deutschland erfreulicherweise stark entwickelnden Kunstform.
"Es ist ein sehr weites Feld, auf dem sich die Zirkuskünstlerinnen und Zirkuskünstler im einzelnen aktuell beschäftigen, aber es ist ihnen gemein, dass sie offen sind, auf Zusammenarbeit setzen und sich Herausforderungen mit Mut und Zuversicht stellen", so beschreibt Bernd Belschner, einer beiden Programmgestalter des ATOLL Festivals, die Qualitäten des zeitgenössischen Zirkus.
Ob die beiden Artisten des Klub Girko in einer Lichtung im Hardtwald gefundenes Holz ausbalancieren und zum Schweben bringen oder ob sich die Brasilianerin Alice Rende in der furiosen Auftaktperformance des Festivals in einem engen Turm aus Acrylglas biegt und windet, ob sich der einsame Jongleur Nils Seidel seine kleine Welt als eine sich fortwährend drehende Scheibe vorstellt oder ob die international zusammengesetzte Truppe My!Laika mit elf Personen auf der großen Bühne zur druckvollen Livemusik ein absurdes Feuerwerk der abstrusesten Artistik zündet - stets dient die Verzauberung des Publikums auch als Anstoß zum Nachdenken und zu Erkenntnis.
Sinnfällig wir dies, wenn der sich zwischen drei Masten hin und herschwingende Artist Monki auf diese bewegte Weise Statistiken anschaulich macht, die den heute allerorts verbreiteten Pessimismus, dass durch die Menschheit auf der Erde alles immer schlechter werde, ad absurdum führt und zum zuversichtlichen Aktivsein ermuntert.
Mehr als 80 Künstlerinnen und Künstler aus über einem Dutzend Nationen haben an neun Spieltagen in Sälen und Zelten Witziges und Entschleunigendes, Staunenmachendes und Rasantes, übermütig Verspieltes oder konsequent Minimalistisches gezeigt. In diesem Jahr war die deutlich erstarkte Zirkus-Szene aus Deutschland breit vertreten. Raum bekamen Künstlerinnen des europäischen Förderprogramms circusnext sowie die Stipendiaten des deutschen Kreationsbündnises Zirkus ON, was auch eine große Zahl von Fachbesucherinnen und Fachbesuchern nach Karlsruhe ins Tollhaus lockte. Zahlreiche Vorstellungen waren ausverkauft. Publikumsmagnet war die australische Compagnie Gravity & Other Myths, die bei drei ausverkauften Vorstellungen im großen Saal alleine 1860 Menschen anzog.